E-Commerce: Detailhändler in der Schweiz killen sich selbst

von | Jun 12, 2016 | eCommerce | 1 Kommentar

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Wir leben in einer sehr spannenden Zeit, wo jede Firma nicht mehr nur auf regionale Laufkundschaft angewiesen ist, sondern seine Kunden auch im Internet suchen kann. Das sind ja für jeden Händler grosse Chancen. Immer mehr Firmen machen darum einen eigenen Online Shop und versuchen da ihre Produkte zu verkaufen.

Auf der anderen Seite haben wir viele klassische Läden in den Städten, die noch in alten Strukturen gefangen sind und darum jetzt vor ernsthaften Probleme stehen.

So ist an diesem Sonntag ein Artikel in der Zeitung erschienen mit dem Titel: Beratung im Laden, Kauf im Internet – So schützen sich Detailhändler vor Beratungsdieben. Obwohl hier für den Artikel einen absoluten reisserischen Titel genommen wurde, ist das Thema eigentlich ein ganz anderer.

In diesem Artikel gehts darum, dass es immer wieder Leute hat, die in die Läden gehen und sich da lange beraten lassen und dann doch das Produkt nicht im Laden kaufen sondern im Internet. Das passt den Firmen überhaupt nicht und so haben sie verschiedene kreative Wege gewählt.

Intersport-Laden in Frutigen BE

Hier muss jeder Kunde für jede Beratungszeit konsequent bezahlen. Beratung durch einen Lehrling kostet 24 CHF/ Stunde, Beratung von einem langjährigen Verkäufer kostet 72 CHF/ Std. Wer danach im Laden was kauft bekommt 20% Rabatt

Fotogeschäft Gross in St.Gallen

Dieser Laden verlangte 45 CHF pro Stunde. Das haben die Kunden gemerkt und dann sind immer weniger Kunden gekommen. Jetzt verkauft das Fotogeschäft keine Kameras mehr, sondern nur noch Hochzeitfotos und macht den Fotografen direkt Konkurrenz.

Ist das die Lösung

Ich persönlich finde diese Aktionen ziemlich frech vom stationären Handel. Da könnte die Migros direkt auch Eintrittspreise verlangen von 25 Stutz, den jeder bezahlen muss der in den Laden will. Würdet ihr das gut finden? Ich sicher nicht.

Diese Aktionen sind Torschlusspanik Aktionen von Leuten die sich nicht anpassen wollen.

Ist das Problem das Internet?

Endlich trifft es auch den stationären Handel, denn die Online Shops kennen das Problem schon seit Jahren. Denn viele Betreiber von Online und Offline Shops vergessen eines, die Konkurrenz ist nicht 1000km vom Laden entfernt, sondern nur noch 1 Klick entfernt (man kann also sagen, direkt neben an). Und das vergessen die Firmen immer wieder gerne.

Heute wird überall gespart, bei der Qualität der Ware, bei den Verkäufern, der Marketing usw. Früher konnte ein Verkäufer auch einem Eskimo noch einen Tiefkühler verkaufen, aber heute sind 99,999% der Verkäufer nur rumstehendes Personal ohne Ausbildung.

Wie oft stand ich schon in einem Laden und hab was gesucht, aber anstatt dass ein Verkäufer mir geholfen hat, waren diese mit ihren Handys beschäftigt oder waren am tratschen und haben mich ignoriert. Also bin ich unverrichteter Dinge wieder aus dem Laden gegangen und haben mein Geld woanders ausgegeben, nämlich dort wo ich willkommen war.

Vom Preisproblem will ich jetzt gar nicht reden. Ich akzeptiere ja so 10% höhere Preise in einem Laden als Online. Dafür kann ich das Produkt sofort bezahlen und mit nach Hause nehmen und habe hoffentlich eine Beratung bekommen. Aber seit dem ich ein Portal für Übergrössen Online Shops habe – weiss ich das wenn ein T-Shirt in der Schweiz 100 CHF kostet – es im gleichen deutschen Online Shop schon für 10€ zu haben ist. Und so eine Abzocke akzeptiert halt heute niemand mehr – denn alle müssen auf ihr Geld achten.

Lösung

Heute muss jeder Shop egal ob online oder offline seine Nische finden und sie ausbauen. Es reicht nicht mehr aus einfach ein Lager zu haben und das so zu verkaufen. Jeder Laden muss kreativ und fair gegenüber dem Kunde sein.

Als Beispiel kann ich mir gut vorstellen:

  • Dass ein Grillverkäufer direkt mit einem Koch zusammenarbeitet und Grillkurse anbietet.
  • Ein Fotogeschäft, verkauft nicht mehr nur gute Kameras sondern macht auch Kurs für Hobbyfotografen.
  • Ein Kleidergeschäft kann seine Kleider verkaufen und gleich eine Stilberatung anbieten und so weiter.

Man muss egal ob online oder offline dem Kunde ein Mehrwert bieten, denn sonst habe ich keinen Grund in eine Laden zu gehen und kann meine Sachen bequem via Internet / Online Shop vom Sofa aus kaufen und muss mich nicht anziehen.

Aber vor allem muss man aufhören am Personal zu sparen und erfahrene gute Verkäufer mit “dummen stummen Arbeitsbienen” zu ersetzen. Ein guter Verkäufer ist wie ein Hexer – er kann den Kunde dazu bewegen viel mehr zu kaufen als er wollte und der Kunde hat dabei noch ein gutes Gefühl.

Dieser persönliche Kontakt zwischen Kunde und Shop ist nämlich der grosse Vorteil eines stationären Händlers. Er kann direkt auf den Kunde eingehen und sie beraten und umschmeicheln und so seine Stärke voll ausspielen. Genau dieser Bonus versuchen ja die Online Leute zu verbessern. Ich denke da an Outfittery, wo der Kunde einen persönlichen Stilberater bekommt. Oder die vielen anderen Online Shops die ein Live-Chat eingebaut haben – um damit die persönliche Beratung zu simulieren.

Wenn also der normale Laden in der Stadt nicht aufpasst, wird er wirklich überflüssig.

Fazit

Mann muss endlich aufhören den Kunde als den Feind zu sehen, sondern auf Augenhöhe mit ihm arbeiten. Denn ob ihr es glaubt oder nicht, auch ein Kunde ist ein Mensch und er will umschmeichelt werden. Wenn ein Kunde ein schlechtes Gefühl bekommt, wird er nicht mehr dort einkaufen und geht zur Konkurrenz

Und ein schlechtes Gefühl bekommt man heute schnell durch, unfreundliches unmotiviertes Personal, schlechte Beratung, überrissene Preise, verarsche usw.

Also liebe Leute, hört auf zu jammern und fangt endlich an zu überlegen. Denn eines ist klar, die Wirtschaft ist ziemlich feindselig und ein böser Ort. Wer sich nicht anpasst wird untergehen – denkt an Kodak. Jeder hatte früher ein Produkt von dieser Firma zuhause und dann haben sie angefangen zu schlafen und wurden von der Technik überrollt.

Ihr habt es jetzt in der Hand – passt euch an oder legt euch auf den Rücken und sterbt – eure Entscheidung.

1 Kommentar

  1. Franziska Kernen

    Ich finde, dass du die Problematik sehr gut auf den Punkt gebracht hast. Klar ist es für die stationären Läden mehr als unangenehm, wenn die Kunden sich stundenlang beraten lassen und den Artikel dann im Onlineshop kaufen. Ich gebe zu, dass ich dies auch schon gemacht habe. Der Grund war allerdings weniger der Preis, sondern die Tatsache, dass ich kein Auto besitze. Wenn ich online bestelle, zahle ich oftmals nicht weniger, allerdings steht der Artikel dann direkt vor meiner Türe. Die wenigsten Läden bieten einen Lieferdienst an, obwohl dies logistisch durchaus machbar wäre, wenn sich ein paar Geschäfte zusammenschliessen würden.
    Der Kunde würde dies als angenehmen Service empfinden und diese Zusatzdienstleistung würde schnell die Runde machen. Keine Werbung ist im Endeffekt günstiger und wirkungsvoller als die Mund-zu-Mund Propaganda. Dieser geringe Mehraufwand würde sich auf lange Sicht auszahlen und zusätzliche Kunden/Stammkunden für den Laden generieren. Und sind wir ehrlich, jeder wäre auch bereit, einen fairen Preis für diese Dienstleistung (kommt übrigens vom “Dienst am Kunden”, was sehr oft vergessen geht) zu zahlen. Wie oft passiert es einem, dass man ein tolles Produkt sieht, dieses jedoch nicht kauft, weil man schon 2-3 Einkaufstaschen mitschleppt und darum den Kauf unterlässt. Zu Hause angekommen, schmeisst man den PC an und googelt. Schnell ist das Produkt lokalisiert und bestellt. Und dem stationären Laden ist schon wieder ein Kauf entgangen.
    Dies dann mit so fantasievollen Strategien wie Beratungspauschalen wieder reinholen zu wollen ist mehr als unüberlegt. Läden, welche diese einführen, sind früher oder später dem Untergang geweiht. Die Wenigsten sind bereit, für eine Dienstleistung, welche selbstverständlich ist, Geld zu bezahlen. Sie werden vielmeh zur Konkurrenz gehen resp. sich online in Foren beraten lassen.
    Ich gehe mir dir überein, dass Geschäfte sich eine eigene Nische suchen müssen. Wenn sie dann noch einen tollen Kundendienst und fachlich versiertes Personal bieten, werden die Kunden auch einen geringfügigen (da ist Augenmass gefragt) Mehrpreis sehr gerne zahlen und zum Stammkunden werden.
    Wer aber denkt, dass er den Kunden schamlos abzocken kann und unmotiviertes unfähiges Personal im Laden stehen hat, dem ist wirklich nicht zu helfen und hat den vorgezeichneten Weg verdient.
    Die Realität auf dem Markt holt jeden ein. Du hast das Beispiel Kodak genannt. Mein Lieblingsbeispiel ist Nokia. Für mich das Paradebeispiel, wie man am Markt vorbeiproduzieren kann. Nokia war in jeder Hand und an jedem Ohr und hat sich durch falsche Entscheidungen nicht nur selber in’s Abseits sondern gänzlich aus dem Spiel gebracht. Eine ganz ganz traurige Entwicklung für ein Unternehmen, dass den Weltmarkt mehr oder weniger im Griff hatte. Selbst als sich abzeichnete, dass der falsche Weg gewählt wurde, war das Herumreissen des Ruders keine Option. Nur ein neues Design wählen reicht in so einem Fall nicht. Da müssen grundlegende Dinge geändert werden. Das erinnert mich an das trotzige Einführen einer Beratungspauschale. Auch hier wird oberflächliche Kosmetik betrieben, welche auf lange Sicht nicht das gewünschte Resultat bringen wird. Strategien zeigen die Richtung des Unternehmens auf und zielen nicht auf kurzfristige Resultate.
    Die Zukunft wird zeigen, wo der Weg der Firmen hinführt, welche jetzt auf dieses kurzfristige Züglein aufspringen. Ich wage zu behaupten, dass dieser über kurz oder lang auf’s Abstellgeleise führt.
    Meiner Meinung nach wird nur ein Weg aus dieser Misere führen. Nämlich indem sich die Geschäfte auf ihre eigentliche Aufgabe und Daseinsberechtigung konzentrieren…. nämlich auf den Dienst am Kunden. Sei dies mit innovativen Extras oder tollem, gut ausgebildeten und zuvorkommendem Personal. Dieses wächst übrigens nicht auf Bäumen und muss vorgängig mit fairen Bedingungen selber ausgebildet werden. Und ja, fair behandeltes und bezahltes Personal arbeitet auch dementsprechend! 🙂
    Mein Kommentar ist jetzt relativ lang geraten, aber ich musste mir da einmal Luft verschaffen!

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